Chinesischer Holzschnitt
Geschichte
Der Holzschnitt, als die älteste Drucktechnik, wurde
in China entwickelt. Vorläufer waren das Schneiden
von Stempeln zur Reproduktion taoistischer und buddhistischer Bilder sowie
zum Stoffdruck und auch der Reliefschnitt steinerner Stelen. Grundbedingung
war die Entwicklung des Papiers, die auf das Jahr 105 datiert wird, als
der Hofbeamte Ts'ai Lun dem Kaiser das Papier vorstellte, das er aufbauend
auf frühere Herstellungstechniken entscheidend verbessert hatte.
Die eigentliche Geburt der Druckkunst liegt in der Tangzeit
(618-907), vermutlich im 8. Jahrhundert. Eine Vorläuferin war die
Technik der Steinabreibung, die sich im 7. Jahrhundert
oder früher entwickelte, wobei ein feuchtes Papier über ein
Steinrelief aufgebürstet wurde und in trockenem Zustand mit einem
Tampon und Tusche eingefärbt wurde. Im Holzschnitt
wurden Abzüge von eingefärbten Holzstöcken abgenommen,
indem ein Papier mit einer Bürste darauf abgerieben wurde. Das älteste
bekannte Holzschnittbuch ist das Diamant-Sutra aus Dunhuang, auf 868 datiert,
eine 5 m lange Schriftrolle mit einer schönen und technisch perfekten
Darstellung des predigenden Buddhas als Frontispiz. In den frühen
Jahren des Holzschnitts wurden buddhistische Bilder und Texte gedruckt,
sowie Spielkarten, Kalendern u. ä. Es entwickelte sich eine große
staatliche und private Druckindustrie.
Während der Zeit der fünf Dynastien (907-960)
wurden, staatlich organisiert, große Auflagen der konfuzianischen
Klassiker gedruckt. Die Song-Zeit (960-1278) gilt als
eine erste Blütezeit des chinesischen Holzschnitts
wegen der Schönheit der Schriften und einer hohen Druckqualität.
Maler, Schneider, Drucker und Buchbinder spezialisierten sich. Weiterhin
unter staatlicher Aufsicht wurden große Auflagen u. a. von Enzyklopädien
und literarischen Anthologien gedruckt, sowie in einem Großprojekt
sämtliche buddhistischen, später auch sämtliche taoistischen
Schriften. Auch Papiergeld wurde gedruckt und verziertes Briefpapier.
Im 10. Jahrhundert entwickelte sich aus der Schriftrolle über den
Leporello das gebundene Buch. Für eine breitere Öffentlichkeit
stellten private Druckereien u. a. unterhaltende Bücher mit Illustrationen
her. Es erschienen die
Neujahrsdrucke, nien-hua,
symbolträchtige Bilder zum Aufhängen an
Türen und im Haus.
Mitte des 14. Jahrhundert wurden erste Versuche zum Druck
von mehreren Farben unternommen.
In der Ming-Zeit (1368 - 1644)
erlebte der Holzschnitt eine neue Blüte. Drucke
wurden mit der Hand und mit Hilfe von Schablonen koloriert. Druckstöcke
wurden außerdem monotypie-ähnlich mit verschiedenen Farben
eingefärbt und schließlich der Druck von verschiedenen Platten
entwickelt. Maßgeblich waren die "Schriften und Bilder der
Zehnbambushalle", herausgegeben 1622 - 1627 vom Beamten und Künstler
Hu Cheng Yen (1582? - 1672?) , der als Entwickler der dafür typischen
Technik mit verlaufenden Farben, sowie des Blinddrucks gilt und den Mehrplattendruck
zur Vollendung brachte (
Abbildungen von Holzschnitten
zweier Klassiker der Ming-Zeit).
Anfang des 20. Jahrhundert änderte sich die traditionalle Arbeitsteilung,
als Künstler begannen, ihre Holzschnitte selber zu entwerfen und
zu schneiden. In den 30er Jahren rief der Intellektuelle Lu Xun eine Holzschnittbewegung
ins Leben, indem er den Holzschnitt als ein Medium zu Aufklärung
und politischem Ausdruck propagierte. Graphiken von Käthe Kollwitz,
von Lu Xun in China vorgestellt, hatten starken Einfluss auf den damaligen
Holzschnitt. Es entstanden viele sozialkritische Schwarz-Weiß-Drucke.
Ab den 40er Jahren begann sich der Holzschnitt aufgrund politischer Verordnung
an den sowjetischen sozialen Realismus anzulehnen und wurde in den nächsten
Jahrzehnten als Propaganda-Instrument genutzt. Viele Holzschnitte wurden
in Kollektiv-Arbeit hergestellt.
Heute, in der lebendigen Druckgraphikszene Chinas, wird der Holzschnitt
als auf vielerlei Art praktiziert: mit Öl- und Wasserfarben und mit
diversen Register-Systemen.
Technik
Die folgenden Erklärungen zur Technik
des Holzschnitts beziehen sich auf den traditionellen Holzschnitt, der immer
noch in einigen Druckateliers praktiziert wird.
Entwurf und Übertrag auf den Holzblock
Der Entwurf wird auf ein spezielles dünnes Papier gemalt.
Zum Transfer auf den Holzblock wird dieser mit Reispaste eingerieben und das
Papier mit der Vorderseite von einer Seite zügig aufgeklebt. Danach werden
die Papierfasern auf der Hinterseite des Papiers vorsichtig mit der Hand abgerieben,
bis nur noch die gemalte Linie auf dem Block bleibt.
Schneiden des Blocks
Als Holz wird vorzugsweise Birne, aber auch Jujube verwendet.
Geschnitten wird vor allem mit dem Faustmesser quan dao. Dieses Messer
wird der Faust perfekt angepasst. Es stammt aus der Tang-Zeit (618 - 907).
Das quan dao ist bogenförmig geschliffen (im Gegensatz
zum japanischen hangi-to mit dessen gerader Schneide) und hat zwei
Spitzen. Mit der vorderen werden die Linien geschnitten, mit der hinteren das
Holz um den Schnitt herum abgekratzt bzw. abgesprengt. Auf diese Art können
detaillierte Stellen ausschließlich mit diesem Messer geschnitten werden.
Für großflächigere Stellen werden zusätzlich Hohleisen
benützt.
Im Gegensatz zum japanischen und westlichen Holzschnitt werden
die verschiedenen Details nicht in einen Holzblock geschnitten, sondern
auf mehrere kleinere Druckstöcke verteilt, die in entsprechendem
Abstand auf dem Drucktisch befestigt werden. Dazu werden die Druckstöcke
mit einem Harz, das in erwärmten Zustand weich wird und erkaltet hart bleibt,
auf den Drucktisch geklebt.
Druck
Gedruckt wird auf trockenes Papier oder Seide. Das Drucken geht
auf einem speziellen Drucktisch von statten. Zum Druck werden die zu bedruckenden
Papiere aufeinander gestapelt, rechts neben einem Spalt im Drucktisch an der
Kante unter eine Leiste geklemmt, und über deren Kante geschlagen, wobei
die Druckstöcke links davon auf dem Tisch befestigt werden. Zur Positionierung
wird durch das erste Blatt der eingespannten Papiere, eine Skizze, mit der Hand
die richtige Lage der Druckstöcke erfühlt. Für jeden Druck werden
die Druckstöcke mit einem Druckpinsel eingefärbt. Traditioneller Weise
werden Farben auf pflanzlicher Basis verwendet, die zur Herstellung der gewünschten
Intensität mit Wasser verdünnt werden. Für Farbverläufe
kann die Farbe mit einem anderen Pinsel verstärkt oder mit Wasser verdünnt
werden.
Nach dem Einfärben wird das Blatt über die eingefärbten Blöcke
gelegt und mit einem Reiber abgerieben, wobei die Beschaffenheit der Druckfarbe
(konzentriert, verdünnt, pastos, fast trocken, sehr nass) und der beim
Drucken ausgeübte Druck das Ergebnis entsprechend beeinflussen. Nach dem
Druck wird das Papier in den Spalt fallengelassen. Wenn alle Papiere getrocknet
sind, kann die nächste Farbe gedruckt werden.
Mit einem Druckpinsel aus Fasern von Palmblättern wird
die Farbe aufgenommen und gleichmäßig auf dem Druckstock verteilt.
Der Reiber, mit dem das Papier gedruckt wird, hat einen Kern
aus Holz und ist mit Fasern von Palmblättern und darüber mit Pferdehaar
bespannt:
Ich danke Herrn Lu Zhiping für die Organisation der
Vorführung im Peninsula Art Center Shanghai und Herrn und Frau Lu
Qinghua für ihre Demonstrationen.
Eva Pietzcker, 2003
Literatur
Farrer, Anne (Hrg.): „Chinese Printmaking Today: Woodblock
Printing in China 1980-2000”, British Library Publishing Division, 2004
Hunter, Dard: „Papermaking Pilgrimage to Japan, Korea
and China”, Pynson Printers, New York, 1936
Tschichold, Jan: “Die Bildersammlung
der Zehnbambushalle“, Holbein Verlag, Basel, 1953
Twitchett, Denis: „Printing and Publishing in Medieval
China”, Frederic C. Beil, New York, 1983
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